Der Circularity Code

DER CIRCULARITY CODE Wie Digitalisierung bei der Plastik-Wende hilft … UND WIE NICHT

Inhalt Alles auSSer Science-Fiction 3 WARUM SMARTES PLASTIK KOOPERATIVE MENSCHEN BRAUCHT 4 Digitale Chancen für Design, Produktion, Nutzung und Recycling Wissen, was wirkt | Ökologische Gesamtbewertung und digitale Zwillinge 5 Wissen, was drinsteckt | Der digitale Produktpass erfordert auch einen Kulturwandel 7 „Die Chance liegt im gemeinsamen Lernen“ | Christoph Kugler, Kunststoff-Zentrum SKZ 10 Wissen, was ankommt | Die Technik ist vorhanden, das Geschäftsmodell nicht 12 Drei Fragen an | Jochen Moesslein von Polysecure 14 KLICKS FÜR KLÜGEREN KONSUM 16 Wie digitale Tools beim nachhaltigen Leben helfen Apps im Dienst des Recyclings | Von Spielen, Anreizen und Verantwortung 17 Mit den Konzernen Hand in Hand | Initiator Stefan Siegl über die österreichische App RecycleMich 20 FAZIT | Wirkung unbekannt, Potenzial unbestritten 23 Der Mehrwert für Mehrweg | Wende im To-go-Bereich: Digital oder gar nicht? 24 BIG WASTE. BIG DATA. 26 Wie Digital-Pioniere die globale Abfallwirtschaft erneuern wollen Transparenz zahlt sich aus | Digitale Abfalldatenerfassung und -analyse 27 Gastbeitrag von Dominic Santschi | Mitgründer von Ampliphi 30 Intelligent macht sauber | Technologie für die Optimierung der städtischen Abfallwirtschaft 32 Taste statt Tonne | Digitale Chancen für das Abfallmanagement in Schwellen- und Entwicklungsländern 35 Digital schafft Transparenz und Vertrauen | Monitoring per App 40 App-Entwicklung beim Kaffee mit den Abfallsammlern | Thierry Sanders, Geschäftsführer von Circular Action B.v. 42 Zu Land, Wasser und in der Luft | Wie sich Datenlücken mit digitalen Tools schließen lassen 45 Aus der Vogelperspektive | Fernerkundung von Plastik-Emissionen 48 VON FLUCH UND SEGEN 52 Ein Zwischenfazit POLYPROBLEM: Wissen. Transparenz. Kooperation 54 Die Initiatoren im Portrait 55 Links zu genannten Organisationen 56 Quellenverzeichnis 57

Schaffen wir das noch? Wenn Zweifel am Tempo der sozial-ökologischen Wende aufkommen, richtet sich der bange Blick gern hoffnungsvoll auf technologische Innovationen. Das ist beim Kampf gegen den Plastikmüll nicht anders als beim Streben nach einem verringerten Ausstoß von Treibhausgasen. Die seriösen Experten sind sich einig, dass wir beides brauchen: eine nachhaltige Transformation und somit auch veränderte Lebensweisen auf der einen und technologische Lösungen auf der anderen Seite. Idealerweise gehen soziale, ökonomische und technologische Innovationen Hand in Hand. Science-Fiction sollte man sich allerdings verbieten, wenn der Traum von noch zu erfindenden Wunderwaffen gegen ökologische und soziale Krisen nicht das tägliche Handeln in der Gegenwart lähmen soll. Die POLYPROBLEM-Redaktion hat sich deshalb ganz pragmatisch angeschaut, was die Digitalisierung heute schon dazu beitragen kann, den Umgang mit Kunststoff nachhaltiger zu gestalten. Es klingt nach einer Binsenweisheit: Je komplexer ein System, je aufwendiger die Prozesse, desto größer erscheinen die Chancen der Digitalisierung bei dessen nachhaltiger Gestaltung und Nutzung. Die KunststoffWertschöpfungskette ist äußerst komplex. Und die darin verwendeten Materialien sind es auch. Beschleunigt also der digitale Wandel die notwendige Ressourcenwende? Und wenn ja: Wie kann das konkret funktionieren? Die Aufgaben und Möglichkeiten für den Einsatz digitaler Technologien und Methoden entlang der Kunststoff-Wertschöpfungskette sind vielfältig. Digitale Zwillinge unterstützen Produktentwickler beim nachhaltigen Design von Kunststoffprodukten. Riesige Datenbanken helfen, die ökologische Gesamtbilanz von Verpackungen zu bewerten. Neuartige Datenservices können aus Produktionsdaten unterschiedlicher Unternehmen einen digitalen Produktpass erstellen. Künstliche Intelligenz optimiert nicht nur den Materialverbrauch in der Produktion, sondern wird schon bald auch Recyclingverfahren verbessern. Apps helfen Verbraucherinnen und Verbrauchern bei bewussten Kaufentscheidungen. Und auch die Abfallsammlung und -sortierung durch „Waste Workers“ in Entwicklungsländern kann schon heute effizienter gestaltet werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit haben wir den digitalen Chancen für einen nachhaltigen Umgang mit Kunststoff in Expertengesprächen nachgespürt und versucht, sie zu einem Gesamtüberblick zu verbinden. Vorweg: Die alles rettende Wunder-Maschine haben wir nicht gefunden. Dafür ist eine Erkenntnis immer wieder aufgetaucht: Nicht fehlende oder unausgereifte Technologie ist eine Hürde. Auf die Bereitschaft, sie kooperativ zu nutzen, kommt es an. Und das ist wiederum ein ziemlich analoges Problem. 3 Herausgeber Röchling Stiftung GmbH Richard-Wagner-Straße 9 68165 Mannheim +49 621 4402 232 info@roechling-stiftung.de www.roechling-stiftung.de Wider Sense GmbH Pfalzburger Str. 43-44 10717 Berlin +49 30 24088 240 info@widersense.org www.widersense.org Redaktion & Text Anne Marie Jacob, Elena Hadick, Lisa Nerb (Wider Sense), Uwe Amrhein (Röchling Stiftung) Gestaltung ds.DTP – Detlef Scholz Fotos Adobe Stock, SKZ – Das Kunststoffzentrum, Polysecure, Raan Gruppe, Mehrwegallianz – Anita Back, Ampliphi, Circular Action B.V. Dezember 2023 www.polyproblem.org Alles auSSer Science-Fiction

WARUM SMARTES PLASTIK KOOPERATIVE MENSCHEN BRAUCHT Digitale Chancen für Design, Produktion, Nutzung und Recycling 4

Wie Kunststoff-Verarbeiter künftig nachhaltigere Komponenten gestalten Wissen, was wirkt Ökologische Gesamtbewertung und digitale Zwillinge Funktion und Leistungsfähigkeit, Nachhaltigkeit, Preis: In diesem Dreiklang gewinnt die Nachhaltigkeit immer größere Bedeutung, wenn Kunststoff-Verarbeiter Produkte für die anwendende Industrie entwickeln. Das erfordert einen neuen, ganzheitlichen Blick auf Produkte, der ohne digitale Unterstützung kaum noch möglich ist. Sowohl die steigenden regulatorischen Anforderungen als auch die gewachsene Sensibilität der Verbraucher hat dazu geführt, dass industrielle Kunden von ihren Lieferanten heute eine ökologische Gesamtbewertung – ein sogenanntes Life-Cycle Assessment (LCA) – der gelieferten Komponenten verlangen. Dabei spielen so viele und so unterschiedliche Parameter eine Rolle, dass die Produktentwicklung ohne datengestützte Modellierungen kaum noch denkbar erscheint. Wie viel Treibhausgas setzt der Produktionsprozess frei? Wie wirkt sich das Gewicht unterschiedlicher Materialien auf die Nachhaltigkeit des Produkts aus? Und: Was geschieht nach der Gebrauchsphase? Ist das Bauteil rezyklier- oder gar wiederverwertbar? Nur einige von vielen Fragen, vor denen Produktentwickler stehen. „Eine hohe Nachhaltigkeit eines Kunststoffprodukts ist nicht automatisch gleichzusetzen mit dessen Recyclingfähigkeit. Nachhaltigkeit entsteht durch die Summe vieler Parameter, und eine hohe Kreislauffähigkeit oder geringerer Ressourcenverbrauch durch Recycling ist nur ein Teilaspekt dabei“, verdeutlicht Hans-Josef Endres das Problem. Endres ist Professor an der Leibniz Universität Hannover und leitet dort das Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik. Er nennt Beispiele: „Mehrschichtige Kunststofffolien, sogenannte MultiLayer, gelten allgemein als umweltschädlich, weil sie kaum zu recyceln sind. Dagegen ist ein Monomaterial zwar besser recycelbar, muss dafür viel dicker sein, um ähnliche Barriereeigenschaften zu erreichen. Ich brauche also mehr Material und erzeuge damit auch ein höheres Gewicht. Was die nachhaltigere Alternative ist, muss für die jeweilige Anwendung im Einzelfall bewertet werden“, verdeutlicht der Wissenschaftler. Polyamid verursache in der Herstellung einen etwa dreifach höheren CO₂-Ausstoß als Polypropylen. Dafür erlaubt es aber, die Wandstärke des daraus hergestellten Produkts um ein Mehrfaches zu reduzieren. Welche Eigenschaft fällt für die Umweltverträglichkeit am Ende stärker ins Gewicht? Kurz: Auf die ökologische Gesamtbewertung kommt es an. Noch sei es nicht selbstverständlich, dass solche Fragen schon bei der Produktentwicklung gestellt werden. „Bis vor Kurzem war es der Normalfall, dass Kunststoffprodukte unter funktionalen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten gestaltet wurden und eine andere Abteilung dann erst nachher die Nachhaltigkeitsbewertung des produzierten Bauteils gemacht hat“, weiß Endres. Das ändert sich gerade. Dabei ist die Idee, bei der ökologischen Gesamtbewertung auf umfassende Datensätze zurückzugreifen, keineswegs neu. Ökobilanzdatenbanken als Grundlage für ein Life-Cycle-Assessment (LCA) gibt es seit den frühen 1980er-Jahren. Die heute umfangreichste und am meisten verwendete Datenbank dieser Art ist GaBi, eine Plattform des US-amerikanischen Unternehmens Sphera. Andere sind Ecoinvent aus der Schweiz oder die ursprünglich in Aachen entwickelte Datenbank cm.chemicals. 5

Das Angebot an Software, die mit diesen Daten arbeitet, ist riesig. Die Phalanx der Anbieter reicht von den großen Softwarekonzernen bis hin zu kleinen Start-ups und Open-Source-Projekten wie openLCA. Ihr gemeinsames Versprechen ist der „Digitale Zwilling“. Der Name verrät schon das Ziel: Mithilfe der Software lassen sich virtuelle Simulationen eines künftigen Produkts unter Berücksichtigung unterschiedlicher Parameter wie eingesetzte Materialien und verschiedene Produktionsverfahren erstellen. Im Idealfall spielen die Produktentwickler verschiedene Materialien und Produktionsszenarien durch und gelangen so zu einem Produkt, das in der ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbetrachtung am besten abschneidet. Der digitale Zwilling führt die Produktentwickler, vor allem in der verarbeitenden Industrie, also zum optimalen Kompromiss zwischen Wirtschaftlichkeit, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit eines Produkts. Die dafür notwendigen Daten sind vorhanden, die digitale Technologie auch. Mit einigen Klicks ist es allerdings nicht getan. „Software kann man kaufen. Aber die Prozesse einschließlich der Input- und Outputströme sowie die entstehenden Nebenprodukte und Abfälle müssen korrekt modelliert und die Resultate auch entsprechend bewertet werden“, weiß Hans-Josef Endres, der in jüngster Zeit an seinem Institut einen dahingehend stark gestiegenen Beratungsbedarf der Unternehmen registriert. Diese Lücke sieht auch Dr. Hermann Achenbach, Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft am Kunststoff-Forschungszentrum SKZ. Er erkennt noch Nachholbedarf bei der „Digital Readyness“ in vielen Unternehmen. „Gute Analyse-Tools sind eine Sache, aber man muss interpretierbare Daten auch aus den Maschinen beim Verarbeiter herausbekommen.“ Die produzierenden Unternehmen stehen folglich vor der Herausforderung, in den digitalen Wandel für eine nachhaltigere Produktion in Personal und Technik zu investieren, ohne damit absehbar Geld verdienen zu können. Das ist vor allem für die Zulieferer ein Problem. „Unsere Kunden erwarten kreislauffähige Produkte, sind aber selten bereit, dafür höhere Preise zu zahlen. Und ein möglicher Imagegewinn zahlt auch nicht bei uns als Zulieferer ein“, fasst der Entwicklungschef eines großen Kunststoff-Verarbeiters zusammen. Hermann Achenbach, selbst ständig in Kontakt mit Branchenvertretern, bestätigt dieses Dilemma: „Ich glaube, dass wir entlang der Kunststoff-Wertschöpfungskette noch lange keinen von der Nachfrage getriebenen Markt für digitale Innovationen haben werden. Das muss auf absehbare Zeit durch regulatorische Vorgaben vorangetrieben werden.“ 6

Herausforderungen für Inverkehrbringer von Verpackungen Wissen, was drinsteckt Der digitale Produktpass erfordert auch einen Kulturwandel Um zu wissen, wie ein Kunststoffprodukt beschaffen und nach dem Gebrauch am besten zu verwerten ist, müssen zahlreiche Informationen gebündelt werden. Das klingt einfacher, als es ist. Bis ein in Kunststoff verpacktes Produkt im Verkaufsregal steht, durchläuft die Verpackung viele Produktionsschritte. Der Kunststoff-Hersteller stellt das Rohmaterial zur Verfügung. Der Compoundeur reichert es mit Additiven an, um ihm die gewünschten Eigenschaften zu geben. Der Verarbeiter „baut“ das Produkt – beispielsweise eine Kosmetikverpackung. Der Abfüller bedruckt es schließlich zumeist mit Farben oder versieht es mit einem Etikett. „Jeder dieser Prozessschritte beeinflusst die Kreislauffähigkeit. Die dafür relevanten Daten entstehen an unterschiedlichen Stellen der Wertschöpfungskette, laufen aber bisher kaum automatisiert zusammen“, schildert Dagmar Glatz die Hausforderung. Sie ist bei dm Drogeriemärkte für Nachhaltigkeit zuständig und täglich mit dem Problem konfrontiert. Die Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR) der EU sieht vor, dass Verpackungen ab spätestens 2030 zu mindestens 55 Prozent aus Rezyklat gefertigt und vollständig recyclingfähig oder wiederverwendbar sein müssen. Nachzuweisen hat das der Inverkehrbringer. „Das können wir natürlich nur gewährleisten, wenn wir genau wissen, was in jedem Produktionsschritt passiert“, macht Dagmar Glatz deutlich. Und genau da hakt es noch erheblich. „Nicht selten werden Datenblätter noch als PDF hin- und hergeschickt“, berichtet die dm-Nachhaltigkeitsmanagerin. Kein Wunder also, dass der Digitale Produktpass aktuell ein regelrechtes Zauberwort in der Branche ist. Darunter versteht man eine digitale Anwendung, die Produktionsdaten bezüglich des verwendeten Materials, seiner Beschaffenheit und der Verarbeitung für ein bestimmtes Produkt bei allen an der Produktion beteiligten Unternehmen automatisiert direkt an den Maschinen abholt und nach einem gemeinsamen Standard aufbereitet. An technischen Lösungen dafür mangelt es offensichtlich nicht. An der Umsetzung umso mehr – denn sie erfordert eine neue Kooperationsbereitschaft über die Grenzen von Branchen und Unternehmen hinweg. Heino Claussen-Markefka kann ein Lied davon singen. Er ist Geschäftsführer der ProData GmbH, die mit R-Cycle eine Lösung zur Erstellung digitaler Produktpässe anbietet. R-Cycle ist ein digitaler Rückverfolgungsstandard für Kunststoffprodukte. Der Datenservice kann die für das Recycling relevanten Daten eines Produkts direkt von der Maschine erhalten – und zwar bei allen Unternehmen, die mit der Produktion des jeweiligen Artikels befasst sind. Diese Daten werden zusammengeführt und bilden so die Grundlage für den digitalen Produktpass. So weit die Theorie. Bei der praktischen Umsetzung krankt es indes nicht an technischen, sondern an rechtlichen Fragen. „Unternehmen zögern damit, ihre Produktionsdaten zu übermitteln – schon allein, weil damit die Frage verbunden ist, wer diese Daten speichern und auswerten darf und wie dabei Betriebsgeheimnisse gewahrt werden können“, sagt Claussen-Markefka. 7

Es ist also nicht nur neue Technologie erforderlich, sondern vor allem ein neues Kooperationsverständnis in den Unternehmen. Denn hinter dem Digitalen Produktpass steht die Idee, Produktinformationen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu teilen. Dagmar Glatz hätte digitale Produktpässe lieber heute als morgen für ihr gesamtes Sortiment. Allerdings ist es für sie nur eine Frage der Zeit, bis die Sache richtig in Fahrt kommt. Optimistisch stimmen sie schon allein die strengeren Regulierungen. „Die Auskunftspflichten bezüglich der Recyclingfähigkeit und des kreislauffähigen Produktdesigns sind schon jetzt umfangreich und werden weiter zunehmen. Das führt in jedem Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu einem enormen Aufwand, der sich nur durch standardisierte und automatisierte digitale Lösungen reduzieren lässt“, glaubt die dm-Nachhaltigkeitsverantwortliche. Entscheidend sei es, eine gemeinsame Sprache zu finden, ein Protokoll, in dem die Daten standardisiert ausgewertet werden können und das am Ende dazu führt, dass die Verwertungsmöglichkeit nach der Gebrauchsphase einheitlich und leicht zu bewerten ist. Heino Claussen-Markefka nennt das Beispiel einer Duschgel-Flasche. Die besteht aus einer Kappe, der Flasche selbst und dem Etikett. An der Produktion und dem Handling dieser drei Komponenten sind bis hin zum Befüllen acht unterschiedliche Akteure beteiligt – alle mit verschiedenen technischen Interessen und Sprachen. Bei R-Cycle hat man deshalb von vornherein eine offene Lösung angestrebt, dessen Basis bereits existierende Standards des weltweit führenden Standardisierers GS1 bilden, wie zum Beispiel die Global Trade Item Number (GTIN). Ein Konsortium aus Produktionsunternehmen und Anwendern soll ein möglichst breites Testen der Entwicklungen gewährleisten. Während man bei R-Cycle also auf einen offenen Standard setzt und damit neben einer digitalen Lösung vor allem ein neues Kooperationsmodell etablieren möchte, setzen andere Anbieter auf die Integration zusätzlicher Aufgaben und deren Lösungen. Das in Freiburg beheimatete junge Unternehmen recyda beispielsweise nimmt mit seiner Lösung besonders die Bewertung der Recyclingfähigkeit unter Berücksichtigung verschiedener Standards in den Blick. Auch recyda ermöglicht es, alle relevanten Daten bezüglich der Beschaffenheit einer Verpackung, ihrer Rezyklierbarkeit und ihres Rezyklatanteils auf einer Plattform zusammenzuführen und auszuwerten. Zusätzlich erlaubt es die Software aber, die Kompatibilität der eingesetzten Verpackung mit den Gesetzen und Verordnungen der unterschiedlichen Länder bezüglich der Erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) zu bewerten – bis hin zur Kalkulation länderspezifischer Steuern und Abgaben. Vorausschauend eingesetzt, kann digitale Technologie also dabei helfen, eine Verpackung zu gestalten, die zugleich auf ihren ökologischen und wirtschaftlichen Impact hin optimiert ist. Ähnlich positioniert sich das niederländische Unternehmen circularise. Es erhebt den Anspruch, mit dem digitalen Produktpass gleich auch Reporting und Massebilanzierung anzubieten. Einen integrierten Ansatz verfolgt auch der SoftwareGigant SAP mit seiner Plattform „Responsible Design and Production“. Hier steht nicht der digitale Produktpass, sondern die Erfüllung der gesetzlichen Verpackungsanforderungen im Vordergrund, insbesondere das automatisierte Reporting der Erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) und der Plastikverpackungssteuern. „Unsere Lösung führt alle relevanten Daten des gesamten Verpackungsportfolios eines Unternehmens zusammen, verknüpft Verpackungs- mit Logistikdaten und kann dann aus diesem einheitlichen Datenmodell verschiedene Reportings erzeugen, die für unterschiedliche Länder und deren regulatorischen Bedingungen spezifiziert sind“, erklärt Katharina Schweitzer, Consultant for Circular Economy Solutions bei SAP. 8

Der Walldorfer Konzern will seine Kunden also im ersten Schritt besonders beim Erfüllen der immer strengeren und komplexeren Transparenz- und Reportingpflichten unterstützen. Im zweiten Schritt möchte er die gewonnenen Erkenntnisse über das Verpackungsportfolio dazu nutzen, Optimierungen im Designprozess anzustoßen. Zielgruppe sind vor allem international tätige Unternehmen. Dabei setzt SAP auch darauf, dass viele große Unternehmen schon mit SAP arbeiten und die Daten, beispielsweise aus dem Einkauf, bereits vorhanden sind. Ähnlich wie die dm-Nachhaltigkeitsmanagerin Dagmar Glatz erwartet auch SAP-Spezialistin Katharina Schweitzer einen massiven Schub digitaler Lösungen für mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette. „Wir sind noch nicht so weit, dass der Markt solche Lösungen vorantreibt, weil sich mit mehr Nachhaltigkeit Geld verdienen ließe. Aber die regulatorische Ebene macht Druck – und deshalb verlangen die Unternehmen nach Werkzeugen“, beschreibt sie den Trend. Es ist also augenscheinlich keine Frage, ob, sondern wann sich der digitale Produktpass durchsetzt und zu einer Selbstverständlichkeit wird. Dabei zeigt sich die gleiche Herausforderung wie bei der Digitalisierung in anderen Handlungsfeldern – ganz gleich ob in der Bildung, in der öffentlichen Verwaltung oder im Gesundheitswesen: Nicht die Technologie stellt die große Hürde dar. Es ist eine Frage der Haltung. 9

Christoph Kugler ist Gruppenleiter Digitalisierung am Kunststoff-Zentrum SKZ in Würzburg. Der Werkstoffwissenschaftler arbeitet unter anderem an der Nutzung von Modellen auf der Basis maschinellen Lernens zur Anwendung in der Kunststoff-Verarbeitung. Herr Kugler, wie kann künstliche Intelligenz in der Produktion zu mehr Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit von Kunststoff beitragen? Da gibt es einige Ansätze. Nehmen wir als erstes Beispiel die Verwendung von Rezyklaten in der industriellen Massenproduktion: Die Materialqualität schwankt bei Rezyklaten teilweise stärker als bei Neuware. Das führt bisweilen zu Unregelmäßigkeiten im Produktionsprozess, was vielen Unternehmen den Rezyklateinsatz erschwert. Deshalb arbeitet man daran, den Prozess in der Maschine digital so zu überwachen, dass der Produktionsablauf eines Bauteils automatisch nachgesteuert wird, wenn bestimmte Parameter bezüglich der Qualität nicht erreicht werden. Dabei kann künstliche Intelligenz helfen. Würde das im Idealfall helfen, den Rezyklatanteil in anspruchsvollen Kunststoffprodukten zu erhöhen? Darin liegt das Potenzial. Wenn die KI dabei hilft, einen Produktionsprozess permanent zu optimieren, lässt sich dadurch auch der Einsatz von wiederverwerteten Materialien steigern. Klingt gut. Worin liegt das Problem? Künstliche Intelligenz muss lernen. Sie muss über einen langen Zeitraum mit Daten aus der Produktion trainiert werden. Aber kein Unternehmen experimentiert gerne auf seinen Produktionsanlagen – zumindest nicht über einen längeren Zeitraum. Die Maschinen sollen ja Geld verdienen. Eine Idee zur Lösung dieses Problems besteht darin, Daten aus vielen Produktionsanlagen unterschiedlicher Kunststoff-Verarbeiter zum Training einer KI zu nutzen. Damit Produzent A keinen Einblick in die Daten des Produzenten B erhält, werden dazu spezielle Verfahren wie das föderierte Lernen eingesetzt. Hierdurch kann ein KI-Modell auf mehreren Anlagen trainiert werden, ohne dass Unternehmen ihre Daten transparent teilen müssen. Die Hamburger Firma Katulu hat sich auf diese Form des maschinellen Lernens spezialisiert. Mit ihr arbeiten wir derzeit an einigen Modellprojekten. Jetzt haben wir über die Produktion gesprochen. Bietet KI auch Chancen im Design und in der Entwicklung nachhaltigerer Kunststoffprodukte? Definitiv. Ich habe erst kürzlich das Unternehmen Digimind in Berlin kennengelernt, das KI einsetzt, um beim Verpackungsdesign das Gewicht zu reduzieren und damit Material einzusparen. Sie nehmen die CADDaten des Produkts und lassen diese von der künstlichen Intelligenz optimieren. Christoph Kugler über Kunststoff und künstliche Intelligenz INTERVIEW 10

Aber auch das muss der Maschine doch erst einmal antrainiert werden … Ganz genau. Das geht umso besser, je mehr Daten von Verpackungsprodukten bereitgestellt werden, um das Gesamtsystem lernen zu lassen. Und da sind wir wieder beim gemeinsamen Lernen. Das ist es, woran es in der Praxis oft scheitert. Es stehen nicht genug Daten zur Verfügung. Wir würden in der Kreislaufwirtschaft sehr davon profitieren – sowohl beim digitalen Produktpass als auch bei KI-Methoden, wenn dabei stärker zusammengearbeitet würde. Eine übergeordnete, also unternehmensübergreifende, digitale Infrastruktur ist etwas, das wir immer wieder propagieren. Ist der digitale Fortschritt in der Kreislaufwirtschaft also eher eine kulturelle als eine technologische Herausforderung? Absolut. Natürlich ist es auch herausfordernd, einen 40 Jahre alten Maschinenpark so auszurüsten, dass ich dort Daten herausbekomme. Aber das ist alles machbar. Die Bereitschaft, Daten zu teilen und Lösungen gemeinsam zu entwickeln, ist hingegen die Grundlage. Welche weiteren Potenziale sehen Sie in der Anwendung künstlicher Intelligenz für die Nachhaltigkeit von Kunststoffprodukten? KI wird wahrscheinlich in absehbarer Zeit die Materialsubstitution, also den Ersatz fossiler Rohstoffe beispielsweise durch biobasiertes Material oder eines Rezyklats, erleichtern. Es gibt Bestrebungen, Ähnlichkeiten in unterschiedlichen Materialien mithilfe künstlicher Intelligenz besser darstellen zu können. Vereinfacht gesagt: Ich kann bald viel einfacher als bisher simulieren, ob ein alternatives Material für eine gewünschte Anwendung genauso gut funktioniert wie die fossile Ware. Wird künstliche Intelligenz auch beim Recycling selbst eine Rolle spielen? Ja, das ist absehbar. Es gibt interessante Ansätze, um mittels KI die in spektroskopischen Verfahren gewonnenen Daten besser als bisher auszuwerten. Moderne Sortieranlagen können mit ihrer Infrarot-Sensorik schon ziemlich gut einzelne Kunststoffarten erkennen und voneinander trennen. Die Auswertung der Daten mithilfe von KI wird die Trefferquote in Zukunft aber noch deutlich erhöhen. Das bietet die Chance auf sauberere Stoffströme und damit letztlich auf mehr verwertbares Material in höherer Qualität. Wie steht es um die praktische Umsetzung aller genannten Technologien und der damit verbundenen Chancen? Im akademischen Maßstab und auch im praktischen Versuch ist bei allen genannten Ansätzen erwiesen, dass die Technologie funktioniert. Jetzt hängt es an der Datenverfügbarkeit und damit letztlich am Mindset der Beteiligten. „Die Chance liegt im gemeinsamen Lernen“ 11

Haben Abfallbehandler und Recycler eine digitale Zukunft? Wissen, was ankommt Die Technik ist vorhanden, das Geschäftsmodell nicht Der Mythos vom Recyclingweltmeister Deutschland ist mit Vorsicht zu genießen. Noch immer landet mehr als die Hälfte des von den Verbrauchern getrennt gesammelten und an den Sortieranlagen angelieferten Plastikabfalls in der Verbrennung. Und zugleich giert die Industrie nach hochwertigen Rezyklaten. Digitale Lösungen sollen aus diesem Dilemma heraushelfen. „Hochwertige Rezyklate setzen saubere Stoffströme voraus. Und die erreichen wir nur mit einer verbesserten Sortierung von Haushaltsabfällen“, sagt Carsten Bertram. Er leitet den Bereich Packaging Sustainability bei Henkel. Der Konsumgüterkonzern engagiert sich neben vielen anderen großen Unternehmen in der Initiative HolyGrail 2.0. Hinter dem nicht gerade bescheiden gewählten Begriff verbirgt sich der Versuch, digitale Wasserzeichen in Verpackungen einzubringen. Diese enthalten zahlreiche Informationen – von der Materialzusammensetzung bis hin zu Anweisungen für die Sortierung und die Möglichkeiten für ein Recycling. Wenn sich die Technologie in großem Maßstab durchsetzt – so die Vision –, soll das digitale Wasserzeichen an den Sortieranlagen ausgelesen werden und so über eine verbesserte Trennung für einen viel reineren Materialinput beim Recycling sorgen. 12

Das Konsortium hinter HolyGrail liest sich wie ein Who‘s who der internationalen Konsumgüterbranche: Danone, Mondelez, Procter & Gamble, Unilever, Nestlé, Pepsico … Kaum ein großer Name fehlt. Dazu Handelsriesen wie Aldi oder Amazon, große Verpackungsunternehmen und die chemische Industrie. Getrieben wird das Ganze von der European Brands Association (AIM) und der Alliance to End Plastic Waste. Für Henkel-Manager Bertram ist diese breit angelegte Partnerschaft wichtig. „Der Erfolg von HolyGrail 2.0 hängt von einer breiten Akzeptanz in der Industrie ab. Skalierungsmöglichkeiten bestehen darin, mehr Verpackungshersteller, Marken und Recycler für die Teilnahme an der Initiative zu gewinnen“, unterstreicht er. Die praktische Umsetzbarkeit und Wirksamkeit digitaler Wasserzeichen bei der Sortierung, Identifizierung und dem Recycling von Kunststoffverpackungen habe sich in Praxistests bereits erwiesen. Was hingegen noch unklar ist: Wird die Recyclingindustrie ihre Anlagen entsprechend umrüsten? Und wer stemmt die dafür notwendigen Investitionen? Dr. Markus Helftewes, Chef beim Grünen Punkt, sieht in diesen Fragen eine weitaus größere Herausforderung als in der serienreifen Entwicklung der Technologie. Unumwunden räumt er ein, dass die Digitalisierung im Bereich der Abfallwirtschaft und des Recyclings hinter der in anderen Industrien herhinkt. „Aber die Frage ist, wer bereit ist, die Mehrkosten solcher Entwicklungen zu tragen“, sagt Helftewes und fordert neben einer besseren staatlichen Förderung vor allem langfristige Abnahmegarantien der Industrie. „Zirkularität gibt es nicht zum Nulltarif“, stellt Helftewes fest. Anders ausgedrückt: Selbst, wenn die digitale Technologie im Recycling funktioniert, gibt es dafür noch lange kein funktionierendes Geschäftsmodell – zumindest nicht, solange Rezyklate teurer sind als Neuware. Christian Schillers Geschäftsmodell heißt Transparenz. Der Gründer der rein digitalen Rezyklat-Handelsplattform cirplus gilt als Digitalpionier im Bereich der Kunststoff-Wirtschaft und setzt sich längst nicht nur für den Erfolg seines eigenen Start-ups ein. Er hält digitalen Fortschritt auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft für entscheidend. „Um Recyclingströme zu optimieren, brauchen wir Klarheit darüber, wo sich welcher Kunststoff in welcher Zusammensetzung, Qualität und Menge befindet – und das möglichst aktuell. Das kann kein menschliches Gehirn leisten. Gerade deshalb sind die Digitalisierung und der Einsatz von künstlicher Intelligenz notwendige Voraussetzungen, um die Kreisläufe ernsthaft zu schließen“, sagt der Hamburger Start-up-Unternehmer. Eine wesentliche Bedingung seien verbindliche Normen und Standards. „Um die Abfall- und Rezyklatströme in die digitale Welt zu übersetzen, muss eine gemeinsame Sprache gefunden werden, damit eindeutige und verständliche Datensätze generiert werden können und die Komplexität beherrschbar wird. Nur so kann die Wertschöpfungskette weltweit verlässliche Lieferketten aufbauen und eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Deshalb haben wir die DIN SPEC 91446 initiiert und finanziert, den weltweit ersten Standard für hochwertiges Kunststoffrecycling und Digitalisierung“, berichtet Schiller. Die Optimierung von Stoffströmen beginnt also bei der Erfassung und Trennung von Abfall und endet bei der Beschaffung von hochwertigem, recyceltem Material. In diesem gesamten Spektrum verspricht der Einsatz digitaler Innovationen erhebliche Chancen. Zugleich stellt sich hier – wie auch in der Produktentwicklung und der Produktion – in wirtschaftlicher Hinsicht das klassische Henne-Ei-Problem. Sprich: Für die notwendige Skalierung fehlen vielfach noch die marktwirtschaftlichen Anreize. 13

Drei Fragen an: Jochen Moesslein von Polysecure „Eher Marketing als echte Wirkung“ Jochen Moesslein ist Gründer und Mastermind der Firma Polysecure in Freiburg. Das Unternehmen entwickelt Technologien, mit denen sich Kunststoffe und andere Materialien unsichtbar markieren lassen. Am bekanntesten sind die fluoreszierenden Marker. Kombiniert mit der passenden und ebenfalls von Polysecure entwickelten Sortiertechnik lassen sich Material- und Abfallströme optimieren. Für Unternehmen dienen die Marker aber auch dazu, die eigenen Produkte zu kennzeichnen und somit nachverfolgbar zu gestalten. In seiner Branche gilt Jochen Moesslein als engagierter Streiter. Das High-Tech-Unternehmen setzt Digitalisierung als ein Teil der Lösung ein. Nach eigenem Bekunden löst Digitalisierung aber lange nicht alle Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft. Herr Moesslein, welches sind aktuell die größten Herausforderungen in der Digitalisierung des Recyclingsektors? Digitalisierung ist ein überschätztes Wort. Die technischen Herausforderungen im Recycling haben wenig mit Digitalisierung zu tun. Wichtig für die Kreislaufwirtschaft sind Erkennungsprozesse, Sortierung und Aufbereitung – und in keinem davon spielt Digitalisierung eine Rolle. Es geht darum, dass ich Materialien in zehn Millisekunden sicher differenzieren kann: zum Beispiel Lebensmittelkontaktmaterialien von Nicht-Lebensmittelkontaktmaterialien. Mehr als die Hälfte der Masse sind klein gehackte Materialbrocken, da kann man das Material mittels Objekterkennung und künstlicher Intelligenz gar nicht erkennen. Man braucht ein physikalisches Verfahren, mit dem man die Zusammensetzung direkt und schnell messen kann. Bösartig könnte man sagen: Der digitale Hype hat in unserem Bereich eher einen Einfluss aufs Marketing als auf die tatsächliche Wirkung. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass die unrealistischen Hoffnungen, die mit Digitalisierung verknüpft werden, Investitionen in anderen wichtigen Technologiebereichen verzögern. Seit 2009 entwickeln Sie Marker-Materialien und Detektions-Technologien. Mit welcher Motivation haben Sie Polysecure gegründet? Die Initialzündung war es schon, Materialien intelligenter zu machen. Kunststoffe, Keramik, Papier … das ist einfach ein riesiger Strom, den wir ja auch als Verbrau14

cher in Form der gelben Tonne kennen. Mich hat einfach die Frage bewegt, wie man aus dem Chaos wieder vernünftiges Material machen kann. Wie wird sich der Markt in Zukunft entwickeln? Viele Unternehmen sehen mittlerweile den Wert von Sekundärrohstoffen. Momentan fließt viel Geld in die Produktpass-Datenbanken. Mindestens genauso wichtig wäre, mehr Geld in die eigentliche Erkennungstechnologie zu stecken. Da ist nämlich der Engpass. Was nützt eine Datenbank, wenn ich einen Eintrag nicht sicher mit der dazugehörenden Datenbank verknüpfen Demosortieranlage für technische Kunststoffe kann. Ich sehe gute Chancen für unsere TrackByStars®- Technologie. Sie kann der wichtige „Unique Identifier“ sein. Das ist das Fachwort für diese Technologie, die jedes Objekt individuell kennzeichnet. 400 Millionen Tonnen Kunststoff werden jedes Jahr verarbeitet. Etwa die Hälfte wird sortiert, die andere landet im Abfall. Wenn wir bereit sind, 100 bis 200 Euro pro Tonne für die Sortierung zu zahlen, sind wir bei einem Volumen von 20 Milliarden und mehr. Der Markt ist also vorhanden. 15

KLICKS FÜR KLÜGEREN KONSUMWie digitale Tools beim nachhaltigen Leben helfen 16

1 Wirtschaftslexikon (o. J.) 2 Kunststoff Magazin (2022) 3 Mülltrennung-wirkt (2020) Quelle: bower EcoNation-App Von Spielen, Anreizen und Verantwortung Apps im Dienst des Recyclings RecycleMich, ReplacePlastic, My Little Plastic Footprint, EcoNation, ReDo … das Angebot an Apps zur Sensibilisierung von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist vielfältig. Manche verfolgen das Ziel, das Bewusstsein für den eigenen Plastik-Fußabdruck zu stärken und Konsumierende für ein besseres Recycling zu gewinnen. Andere wollen ihnen eine starke Stimme auf dem Weg zu mehr Herstellerverantwortung geben. Spiele und Belohnungen Mit leicht zugänglichen Informationen und mit Belohnungs- oder Anreizsystemen wollen Anbieter von Verbraucher-Apps Konsumentinnen und Konsumenten dabei unterstützen, über ihr Kauf- und Entsorgungsverhalten einen aktiven Beitrag zu einer verbesserten Kreislaufwirtschaft zu leisten. Die Initiatoren eint dabei die Überzeugung, dass der erhobene Zeigefinger hier nicht zum Erfolg führt. Jedenfalls setzen einige von ihnen auf das Konzept der Gamification, also der Übertragung von spieltypischen Elementen und Vorgängen in spielfremde Zusammenhänge mit dem Ziel der Verhaltensänderung und Motivationssteigerung.1 So informieren beispielsweise die schweizerische EcoNation-App, die Bower-App aus Schweden, die Reciclos-App aus Spanien oder die RecycleMich-App aus Österreich nicht nur über korrekte Mülltrennung, sondern bieten auch Belohnungen. Nutzer können Produktverpackungen scannen, Punkte sammeln, indem sie recycelbare Materialien richtig entsorgen und die gesammelten Punkte gegen Prämien eintauschen oder spenden. Mit der App zur richtigen Tonne Dass auch die vermeintlichen Mülltrennungs- und Recycling-Weltmeister im globalen Norden noch reichlich Lernbedarf haben, ist bekannt. Davon zeugt unter anderem der Anteil der Fehlwürfe in der Getrenntsammlung von aktuell rund 30 Prozent.2 Um die gelbe Tonne richtig zu benutzen, muss man nicht zwingend wissen, ob es sich bei einer Verpackung um einen biobasierten Kunststoff, um PET oder um einen komplexen Verbundstoff handelt. Aber ein gewisses Grundlagenwissen ist schon hilfreich, wenn über ein bewussteres Verbraucherverhalten reinere Stoffströme und damit ein besseres Recycling erreicht werden sollen. Die Ergebnisse einer Omnibus-Befragung (2020) kamen zu dem Ergebnis, dass bei rund zwei Dritteln der Deutschen das Detailwissen zur korrekten Müll- und Materialtrennung fehlt.3 Besonders bei Bower-App Quelle: econation 17

Jugendlichen besteht eine geringere Sensibilisierung im Vergleich zu früheren Generationen, und es zeichnen sich größere Wissenslücken ab.4 Da liegt es auf der Hand, mit digitalen Informationsangeboten per Smartphone gegenzusteuern. Mit der App Scrapp, die in den USA und Großbritannien verfügbar ist, können sich Nutzerinnen und Nutzer darüber informieren, in welche lokal spezifische Tonne der jeweilige Verpackungsmüll entsorgt werden muss. Die niederländische App My Little Plastic Footprint unterstützt Konsumenten dabei, ihren Plastic Mass Index, das heißt ihren persönlichen Plastik-Fußabdruck, zu ermitteln und schlägt ihnen auf spielerische Art Maßnahmen vor, um ihre Verbrauchsmenge an Plastik aktiv zu senken. Die Stimme am Regal Wer sich am Supermarktregal über unnötige Plastikverpackungen ärgert, soll nicht machtlos bleiben. Das ist das Ziel von ReplacePlastic, einer App, die seit 2018 Verbrauchern hilft, ihren Wunsch nach plastikfreien Verpackungen direkt bei den Unternehmen vorzutragen. „Der Gründungsgedanke unseres Vereins Küste gegen Plastik e.V. war, etwas gegen die großen Mengen an Plastikmüll zu unternehmen, die bei uns an der Nordseeküste angespült werden“, erinnert sich Jennifer Timrott von der ReplacePlastic-Initiative. „Bei unseren Aktionen haben wir schnell festgestellt, dass das Sammeln des Plastikmülls nicht ausreicht und wir an die Produzentenverantwortung heranmüssen.“ Das Resultat ist die ReplacePlastic-App. Ihre Nutzer scannen das in Kunststoff verpackte Produkt und senden ihr Feedback samt Vorschlägen für alternative, vorrangig Mehrweggeeignete Verpackungsmöglichkeiten an die Betreiber der App. Diese sammeln über einen Zeitraum von einem Monat das NutzerFeedback und melden es dann als kollektives Anliegen an die Unternehmen, die den Artikel in Verkehr bringen. Voraussetzung für die Weitergabe des konstruktiven Feedbacks ist, dass mindestens 20 Nutzer dieselbe Produktverpackung Quelle: Reciclos Quelle: scrapprecycling Quelle: Raan Gruppe 4 Ebd. Reciclos-App RecycleMich-App Scrapp-App 18

Quelle: mylittleplasticfootprint My Little Plastic Footprint-App ReDo-Plattform gescannt haben oder seit dem letzten eingesandten Veränderungswunsch ein Zeitraum von einem Monat vergangen ist. „Wir möchten den Menschen ermöglichen, ihre Stimme einzubringen, denn langfristig soll der Wandel von der individuellen zur Herstellerverantwortung gelingen“, erklärt Jennifer Timrott. Dies geschehe neben der App auch über Bildungsangebote und Informationskampagnen. „Uns ist es wichtig, Schülerinnen und Schüler mit Wissen um die vielfältigen Dimensionen der Plastikkrise zu sensibilisieren und sie für Mehrweg und plastikfreie Verpackungsoptionen zu begeistern.“ Ein weiteres Angebot, das einen partizipativen Ansatz verfolgt, ist ReDo und bietet Usern demnächst eine partizipative Plattform auf dem Weg zu Plastik-Alternativen. Auf der Online-Plattform können Nutzer nachhaltige Umgestaltungsideen zu existierenden Verpackungen in Form von Steckbriefen einreichen, über die andere User der ReDo-Community interaktiv abstimmen und Vorschläge zur Weiterentwicklung der Idee eingeben können. Am Ende des Prozesses können die Plattformbetreiber zukünftig mit den Alternativvorschlägen für Verpackungsdesigns mit Unternehmen und Herstellern in Kontakt treten. ReplacePlastic-App Quelle: ReDo Quelle: ReplacePlastic 19

Um höhere Sammel- und Recyclingquoten im Kunststoff-Bereich zu erzielen, hat sich die RecycleMich-Initiative mit Markenherstellern von Kunststoffverpackungen zusammengetan und sich erfolgreich in Österreich etabliert. Was ist die Mission von RecycleMich, und auf Grundlage welcher Problemanalyse sind die Initiative und die App ins Leben gerufen worden? Unsere Mission ist es, Wertstoffe im Materialkreislauf zu halten. Wir tragen mit der RecycleMich-App dazu bei, indem wir ein Anreizsystem für Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Markt gebracht haben, das Digitalisierung mit Bewusstseinsbildung und Aufklärungsarbeit verbindet. Der Ursprungsgedanke liegt darin, dass die gewünschten Sammel- und Recyclingquoten in Österreich nicht erreicht werden. Zum Beispiel beträgt im Kunststoff-Bereich die Sammelquote nur 70 Prozent, speziell in urbanen Gebieten, wie in Wien, nur 30 Prozent. Konsumenten dazu zu bewegen, ihren anfallenden Müll korrekt zu sammeln und zu sortieren, war uns hierzu ein wichtiges Anliegen. Welche Akteure waren bei der Entwicklung der App involviert, und wie finanziert sich die App? Schon bevor RecycleMich Anfang 2021 in Österreich auf den Markt kam, haben wir eng mit führenden Markenherstellern aus dem Getränkebereich zusammengearbeitet. Auch Konsumentenumfragen wurden im agilen Entwicklungsprozess mit einbezogen. Der Pilotversuch der ersten digitalen Recycling-Initiative fand schließlich in Wien statt, weil dort die größte Herausforderung in der korrekten Müllsortierung besteht. Im Verlauf hat sich die Initiative zu einer offenen Plattform für alle Akteure der Kreislaufwirtschaft entwickelt, die User, Markenhersteller, Recycler, Städte und Gemeinden miteinschließt. Im Fokus stehen alle Produkte, deren Verpackungen im gelben Sack entsorgt werden. Monatliche Beiträge der Markenhersteller sowie Beiträge von Reclay Systems, einem führenden Rücknahmesystem für Verpackungen, finanzieren aktuell die Anreize und Preise, den Betrieb der App und das Marketing. Im Gegenzug besteht die Möglichkeit, dass die Kooperationspartner die Tätigkeiten im Rahmen der Initiative in ihren Nachhaltigkeitsbericht oder jegliche Nachhaltigkeitsagenden aufnehmen und von unterschiedlichen Leistungspaketen profitieren. Für die Zusammenarbeit mit den Herstellern begrüßen wir, wenn diese eine Nachhaltigkeitsstrategie haben. Im Laufe der Zeit haben wir die Möglichkeiten einer Kooperation erweitert, zusätzlich zum Partner kann man auch Unterstützer werden und zum Beispiel als Gewinnspiel-Partner Prämien sponsern. RecycleMich hat deshalb sowohl einige Supporter, die Produkte sponsern, als auch einige, die Mitgliedsgebühren zahlen. Damit schaffen wir ein niedrigschwelliges Angebot einer Zusammenarbeit, die unsere Mission unterstützt. Wie werden potenzielle Nutzer und Nutzerinnen auf die App aufmerksam, und welche Zielgruppe spricht die App mehrheitlich an? Zunächst haben wir die Marketingmaßnahmen breit aufgestellt, in ganz Wien über klassische Medien wie Zeitung und Radio. Doch erst die spezifische Werbung auf Online-Kanälen, im App Store und auf SocialMedia-Kanälen hat zum Erfolg geführt. Die anfängliche Zielgruppe lag bei den 18- bis 24-Jährigen, hat sich allerdings schnell zur jetzigen Hauptzielgruppe der 24- bis 34-Jährigen entwickelt. 35- bis 44-Jährige stellen Initiator Stefan Siegl über die österreichische App RecycleMich INTERVIEW 20

die zweitgrößte Zielgruppe dar, darunter vor allem junge Familien. Das Schlusslicht bilden die unter 25-Jährigen und über 44-Jährigen. Wir unterscheiden in zwei Gruppen: erstens die Idealisten, die aus Überzeugung für den Umwelt- und Ressourcenschutz ihre Recycling-Leistung visualisieren möchten, und zweitens die Gewinn-Orientierten, die sich von den preislichen Anreizen der App leiten lassen. Um ein möglichst breites Zielgruppenspektrum zu erreichen, bieten wir zudem öffentliche Bildungsangebote im Bereich des Recyclings an. Insbesondere Gamification ist dabei ein Schlüsselelement, zum Beispiel in Form von Sondergewinnspielen. Welche Daten werden von den Nutzern und Nutzerinnen der App erhoben, und inwieweit werden diese weiterverarbeitet? Beim Betrieb der App sammeln wir basierend auf der Datenschutzerklärung nur das Minimum an Daten der User, das dem Zweck dient, die Wertstoffe korrekt zu recyceln und Punkte zu sammeln: E-Mail-Adresse und Passwort. Daten wie Adresse und Alter sind anschließend notwendig für die Auslosung. Darüber hinaus lässt sich auf der Grundlage der gescannten Produktcodes erkennen, welche Produkt-Marken aus welcher Kategorie, wie oft, wo und wann gekauft, gescannt und entsorgt werden. Aus den gesammelten Daten können wir Tendenzen erkennen, zum Beispiel, dass viel am Wochenende gesammelt wird. Besonders der Entsorgungsort ist ein wichtiger Faktor, da dieser Einfluss auf Informationen über sinnvoll aufgestellte Recycling-Tonnen in der App anzeigen kann, die sich in ihrer Farbe von Bundesland zu Bundesland in Österreich unterscheiden. Wir arbeiten sehr eng mit den Kommunen zusammen. Wie viel Kunststoff wird pro Jahr durch die App dem Wertstoffkreislauf zugeführt? In Bezug auf die Gesamt-Reichweite der App haben wir schnell Erfolge erzielt: Das ursprüngliche Ziel, bis Ende des Jahres 2021 100.000 Scans zu erreichen, war schon nach zwei Monaten geglückt. Beim zweijährigen Jubiläum haben wir über eine Million gescannte oder korrekt entsorgte Verpackungen über die App gefeiert. Die Gewichtung nach Punktezahl in Form von Bonuspunkten beim Recycling kann Akzente für das Recycling bestimmter Produktgruppen setzen. Beispielsweise werden mehr Bonuspunkte für das Scannen von Partner-Verpackungen vergeben und weniger für NichtPartner-Verpackungen. In Umfragen zeigt sich, dass die Nutzer der App vorwiegend beim Kauf zu Produkten greifen, für die es mehr Punkte gibt. Mit Blick auf das bevorstehende Pfandsystem in Österreich ab 2025, wie flexibel wird die App perspektivisch auf Veränderungen reagieren können? Von allen Verpackungen, die in Verkehr gebracht werden, sind nur 25 Prozent vom Pfandsystem abgedeckt. Unsere App wird also keinesfalls überflüssig. Unsere App könnte außerdem unterstützend zur Erhöhung der Pfandquoten wirken. Auch können wir das Feedback der Nutzer über unsere unterschiedlichen Kommunikationskanäle aufnehmen, und die Nutzer können neue Produkte melden, die noch nicht in der Datenbank vorhanden sind. Dazu kommt, dass wir aufgrund der einfachen Programmierbarkeit schnell Anpassungen der App-Merkmale vornehmen können. Perspektivisch werden wir in der App zudem noch ein Augenmerk auf eine erweiterte Bereitstellung von Information legen, evtl. speziell zur Recyclingfähigkeit von Produkten. Mit den Konzernen Hand in Hand 21

RecycleMich Ziel: Sicherstellung reiner Stoffströme durch sachgemäße Verpackungsentsorgung Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur Mülltrennung beim Scannen von Produkt-Barcodes ── Sammeln von Punkten bei korrekter Verpackungsentsorgung ── Qualifizierung für Gewinnspiele Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: Österreich 2021 >1 Mio Einzelpersonen Art und Menge des Materials: Plastik, Plastikverbundstoffe, Metalle Kooperationspartner/Förderer: Coca-Cola, Fanta, granini, Monster Energy, Fa, innocent, Persil, Somat, Sprite, Weißer Riese, Red Bull, Pril, Pago, Hohes C, Fuzetea, Powerade EcoNation Ziel: Sicherstellung reiner Stoffströme durch sachgemäße Verpackungsentsorgung Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur Mülltrennung ── Sammeln von Punkten bei korrekter Verpackungsentsorgung ── Qualifizierung für Rabatte und Gewinne Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: Schweiz 2021 >10.000 Einzelpersonen Art und Menge des Materials: Plastik, Plastikverbundstoffe, Metalle Kooperationspartner/Förderer: Inui, Editoria33 Bower Ziel: Sicherstellung reiner Stoffströme durch sachgemäße Verpackungsentsorgung Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur sachgemäßen Mülltrennung beim Scannen von Produkt-Barcodes ── Sammeln von Punkten bei korrekter Verpackungsentsorgung ── Qualifizierung für Gewinnspiele, Rabatte oder Spenden der Punkte Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: Schweden 2018 550.000 Einzelpersonen Art und Menge des Materials: 55 Mio recycelte Verpackungen Kooperationspartner/Förderer: Ellen MacArthur Foundation, Coop, Nivea, Nespresso, Wello, Zespri, logitech Reciclos Ziel: Sicherstellung reiner Stoffströme durch sachgemäße Verpackungsentsorgung Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur sachgemäßen Mülltrennung ── Sammeln von Punkten bei korrekter Verpackungsentsorgung ── Qualifizierung für Gewinne oder Spenden der Punkte an soziale Projekte Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: Spanien 2022 100.000 Einzelpersonen Art und Menge des Materials: Getränkeverpackung aus Plastik und Aluminium Kooperationspartner/Förderer: Ecoembes, TheCircularlab Recycle Ziel: Erprobung des schottischen Pfandrücknahmesystems für Einweggetränkeverpackungen Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur sachgemäßen Mülltrennung ── Sammeln von Punkten bei korrekter Verpackungsentsorgung ── Qualifizierung für das Gewinnspiel Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: Schottland 2022 k.A. Einzelpersonen (18-34 Jahre) Art und Menge des Materials: Getränkeverpackungen Kooperationspartner/Förderer: Scottish Grocer’s Federation, Mastercard Überblick Apps 22

FAZIT Wirkung unbekannt, Potenzial unbestritten Es sind im Wesentlichen zwei verschiedene Ansätze, die an Verbraucher gerichtete digitale Angebote verfolgen: Die einen informieren und sensibilisieren. Die anderen wollen Partizipation ermöglichen und die Macht der Nachfrage nutzen und stärken. Der Unterschied ist grundlegend. Wer Konsumenten zum richtigen Umgang mit Verpackungen animiert, zahlt auf das Recycling ein. Wer gemeinsam mit Verbraucherinnen und Verbrauchern auf die Angebotsseite einwirkt, ist auf der obersten Stufe der Abfallhierarchie unterwegs: der Vermeidung. In beiden Dimensionen ist derzeit keine lösungsübergreifende Evaluation bekannt, die über die tatsächliche Wirkung Aufschluss gibt. Was bedeuten eine Million gescannte Plastikverpackungen für die tatsächlich recycelten Wertstoffe, und kann damit ein langfristiges Umdenken bei den Verbrauchern und Verbraucherinnen gemessen werden? Kritisch zu hinterfragen sind außerdem Sachpreise, die zum unerwünschten Nebeneffekt des Mehrkonsums führen können. Unstrittig erscheint, dass mündige Verbraucherinnen und Verbraucher den wesentlichen Teil einer künftigen zirkulären Gesellschaft ausmachen. Und Mündigkeit ist ohne digitale Infrastruktur in keinem Lebensbereich mehr vorstellbar. ReplacePlastic Ziel: Übermittlung des VerbraucherWunsches nach plastikfreiem und Mehrweg geeignetem Produktverpackungsdesign & Erhöhung der Herstellerverantwortung Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur sachgemäßen Mülltrennung ── beim Scannen von Produkt-Barcodes ── Übermittlung des Wunsches nach plastikfreien und Mehrweg-Verpackungsalternativen ── Gesammelte Übermittlung des Wunsches an Hersteller Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: Deutschland 2018 50.000 Einzelpersonen Art und Menge des Materials: 2 Mio gescannte Verpackungen Kooperationspartner/Förderer: Deutsche Postcode Lotterie Scrapp Ziel: Sicherstellung reiner Stoffströme durch sachgemäße Verpackungsentsorgung Funktion: ── Bereitstellung von Informationen zur sachgemäßen Entsorgung von Verpackungen beim Scannen von Produktcodes Land: Jahr: Anzahl User: Zielgruppe: UK, USA 2021 400 Mio Einzelpersonen Art und Menge des Materials: 34 Mio gescannte Verpackungen Kooperationspartner/Förderer: Microsoft, Packaging Europe, British Airways, University of New Hampshire, The Economist 23

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