Das Angebot an Software, die mit diesen Daten arbeitet, ist riesig. Die Phalanx der Anbieter reicht von den großen Softwarekonzernen bis hin zu kleinen Start-ups und Open-Source-Projekten wie openLCA. Ihr gemeinsames Versprechen ist der „Digitale Zwilling“. Der Name verrät schon das Ziel: Mithilfe der Software lassen sich virtuelle Simulationen eines künftigen Produkts unter Berücksichtigung unterschiedlicher Parameter wie eingesetzte Materialien und verschiedene Produktionsverfahren erstellen. Im Idealfall spielen die Produktentwickler verschiedene Materialien und Produktionsszenarien durch und gelangen so zu einem Produkt, das in der ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbetrachtung am besten abschneidet. Der digitale Zwilling führt die Produktentwickler, vor allem in der verarbeitenden Industrie, also zum optimalen Kompromiss zwischen Wirtschaftlichkeit, Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit eines Produkts. Die dafür notwendigen Daten sind vorhanden, die digitale Technologie auch. Mit einigen Klicks ist es allerdings nicht getan. „Software kann man kaufen. Aber die Prozesse einschließlich der Input- und Outputströme sowie die entstehenden Nebenprodukte und Abfälle müssen korrekt modelliert und die Resultate auch entsprechend bewertet werden“, weiß Hans-Josef Endres, der in jüngster Zeit an seinem Institut einen dahingehend stark gestiegenen Beratungsbedarf der Unternehmen registriert. Diese Lücke sieht auch Dr. Hermann Achenbach, Bereichsleiter Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft am Kunststoff-Forschungszentrum SKZ. Er erkennt noch Nachholbedarf bei der „Digital Readyness“ in vielen Unternehmen. „Gute Analyse-Tools sind eine Sache, aber man muss interpretierbare Daten auch aus den Maschinen beim Verarbeiter herausbekommen.“ Die produzierenden Unternehmen stehen folglich vor der Herausforderung, in den digitalen Wandel für eine nachhaltigere Produktion in Personal und Technik zu investieren, ohne damit absehbar Geld verdienen zu können. Das ist vor allem für die Zulieferer ein Problem. „Unsere Kunden erwarten kreislauffähige Produkte, sind aber selten bereit, dafür höhere Preise zu zahlen. Und ein möglicher Imagegewinn zahlt auch nicht bei uns als Zulieferer ein“, fasst der Entwicklungschef eines großen Kunststoff-Verarbeiters zusammen. Hermann Achenbach, selbst ständig in Kontakt mit Branchenvertretern, bestätigt dieses Dilemma: „Ich glaube, dass wir entlang der Kunststoff-Wertschöpfungskette noch lange keinen von der Nachfrage getriebenen Markt für digitale Innovationen haben werden. Das muss auf absehbare Zeit durch regulatorische Vorgaben vorangetrieben werden.“ 6
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