Herausforderungen für Inverkehrbringer von Verpackungen Wissen, was drinsteckt Der digitale Produktpass erfordert auch einen Kulturwandel Um zu wissen, wie ein Kunststoffprodukt beschaffen und nach dem Gebrauch am besten zu verwerten ist, müssen zahlreiche Informationen gebündelt werden. Das klingt einfacher, als es ist. Bis ein in Kunststoff verpacktes Produkt im Verkaufsregal steht, durchläuft die Verpackung viele Produktionsschritte. Der Kunststoff-Hersteller stellt das Rohmaterial zur Verfügung. Der Compoundeur reichert es mit Additiven an, um ihm die gewünschten Eigenschaften zu geben. Der Verarbeiter „baut“ das Produkt – beispielsweise eine Kosmetikverpackung. Der Abfüller bedruckt es schließlich zumeist mit Farben oder versieht es mit einem Etikett. „Jeder dieser Prozessschritte beeinflusst die Kreislauffähigkeit. Die dafür relevanten Daten entstehen an unterschiedlichen Stellen der Wertschöpfungskette, laufen aber bisher kaum automatisiert zusammen“, schildert Dagmar Glatz die Hausforderung. Sie ist bei dm Drogeriemärkte für Nachhaltigkeit zuständig und täglich mit dem Problem konfrontiert. Die Packaging & Packaging Waste Regulation (PPWR) der EU sieht vor, dass Verpackungen ab spätestens 2030 zu mindestens 55 Prozent aus Rezyklat gefertigt und vollständig recyclingfähig oder wiederverwendbar sein müssen. Nachzuweisen hat das der Inverkehrbringer. „Das können wir natürlich nur gewährleisten, wenn wir genau wissen, was in jedem Produktionsschritt passiert“, macht Dagmar Glatz deutlich. Und genau da hakt es noch erheblich. „Nicht selten werden Datenblätter noch als PDF hin- und hergeschickt“, berichtet die dm-Nachhaltigkeitsmanagerin. Kein Wunder also, dass der Digitale Produktpass aktuell ein regelrechtes Zauberwort in der Branche ist. Darunter versteht man eine digitale Anwendung, die Produktionsdaten bezüglich des verwendeten Materials, seiner Beschaffenheit und der Verarbeitung für ein bestimmtes Produkt bei allen an der Produktion beteiligten Unternehmen automatisiert direkt an den Maschinen abholt und nach einem gemeinsamen Standard aufbereitet. An technischen Lösungen dafür mangelt es offensichtlich nicht. An der Umsetzung umso mehr – denn sie erfordert eine neue Kooperationsbereitschaft über die Grenzen von Branchen und Unternehmen hinweg. Heino Claussen-Markefka kann ein Lied davon singen. Er ist Geschäftsführer der ProData GmbH, die mit R-Cycle eine Lösung zur Erstellung digitaler Produktpässe anbietet. R-Cycle ist ein digitaler Rückverfolgungsstandard für Kunststoffprodukte. Der Datenservice kann die für das Recycling relevanten Daten eines Produkts direkt von der Maschine erhalten – und zwar bei allen Unternehmen, die mit der Produktion des jeweiligen Artikels befasst sind. Diese Daten werden zusammengeführt und bilden so die Grundlage für den digitalen Produktpass. So weit die Theorie. Bei der praktischen Umsetzung krankt es indes nicht an technischen, sondern an rechtlichen Fragen. „Unternehmen zögern damit, ihre Produktionsdaten zu übermitteln – schon allein, weil damit die Frage verbunden ist, wer diese Daten speichern und auswerten darf und wie dabei Betriebsgeheimnisse gewahrt werden können“, sagt Claussen-Markefka. 7
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