Polyproblem – Kauf dich frei

Verkehr zu bringen, sollte auch die Finger von Kompensationsmaßnahmen lassen. Es wäre nicht glaubwürdig – und das zu Recht. Kompensation funktioniert für Unternehmen nur zusätzlich zur Transformation hin zu einem nachhaltigen Geschäft. Anbieter und Vermittler von Plastic Credits kennen und spüren das Dilemma. Einige von ihnen akzeptieren im Sinne der eigenen Glaubwürdigkeit gar nicht alle Kunden. Das ist klug. Umgekehrt gilt aber auch: Wer Plastic Credits in eine Gesamtstrategie einbettet und diese transparent öffentlich kommuniziert, findet damit einenzusätzlichenHebel zur unmittelbaren und zeitnahen Intervention. 4.NICHT GEGEN DEN STOFFSTROM SCHWIMMEN Plastik ist nicht gleich Plastik. Und deshalb sollte klar sein, mit welchen Kunststoffen und Verwertungswegen sich eine über Kompensationsmaßnahmen finanzierte Aktivität auseinandersetzt. Existiert in der Zielregion bereits ein relativ gut funktionierender Stoffstrom – beispielsweise für das gut zu recycelnde und deshalb gefragte PET –, wäre es unter Umständen kontraproduktiv, mit durch Kompensation finanzierten Projekten in diesen bereits etablierten Ablauf einzugreifen. Einige Anbieter und Vermittler von Plastic Credits konzentrieren sich deshalb ganz auf die Sammlung schwer oder nicht recycelbarer Kunststoffabfälle. Diese landen dann in der thermischen Verwertung. Dort sind sie besser aufgehoben als unkontrolliert in der Umwelt, aber ein Beitrag zur Kreislaufwirtschaft entsteht an dieser Stelle (noch) nicht. Für kompensationswillige potenzielle Käufer von Plastic Credits ist es daher wichtig, bewusst zu planen und genau zu wissen, welche Kunststoffe und Verwertungswege mit der jeweiligen Kompensationsmaßnahme in Angriff genommen werden. Auch die jeweiligen lokalen Gegebenheiten sind zu berücksichtigen. Was in einer Region sinnvoll ist, kann in einer anderen kontraproduktiv wirken. 5. VORSICHT MIT DER NEUTRALITÄT Immer wieder fällt im Zusammenhang mit KunststoffKompensation der Begriff „Neutralität“. Der Gedanke dahinter: Wer mindestens so viel kompensiert, wie er produziert beziehungsweise in Verkehr bringt, wirtschaftet plastikneutral. Im Zuge der Recherchen zu diesem Report hat sich dieser Begriff als problematisch erwiesen. Zum einen müsste für eine echte Neutralität auch der historische Fußabdruck ausgeglichen werden, was kaum realistisch erscheint. Zum anderen verteilt sich Plastikmüll nicht – wie etwa ein Treibhausgas – gleichmäßig in der Atmosphäre. Ein in einer bestimmten Region entstandener Umweltschaden kann nicht durch eine Aktivität an anderer Stelle „neutralisiert“ werden. 6.ZUGABE BITTE Von entscheidender Bedeutung ist das Prinzip der Zusätzlichkeit. Mit Plastic Credits sollten keine Maßnahmen finanziert werden, die in der jeweiligen Zielregion ohnehin bereits stattfinden. Auch dies ist keine Selbstverständlichkeit. Die hier aufgeführten sechs Punkte fassen lediglich die Kernaspekte im Umgang mit Kompensationsansätzen für Kunststoffabfall zusammen. Sie verdeutlichen, wie viel Klärungsbedarf es noch gibt, bis sich ein allgemein anerkanntes Qualitätsverständnis gebildet hat, das von Anbietern und Vermittlern, Projektumsetzern, Standar34

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